Sonntag, 5. Januar 2014

1-10

Waz sol nû sprechen unde sanc?
man seit ir beider cleinen danc,
und ist ir zwâre doch unvil,
die mit getihte fröuden spil
den liuten bringen unde geben.
man siht der meister wênic leben,
die singen oder sprechen wol;
dâ von mich wunder nemen sol,
daz beide rîche und arme sind
an êren worden alsô blint,

Was bringt heutzutage das Erzählen und der Gesang?
Es wird für beides kaum Dank gesagt –
und das, obwohl es doch wenige gibt,
die mit kunstvollen Erzählungen den Leuten
unterhaltsames Vergnügen bringen und geben.
Es leben wenige meisterliche Erzähler,
die gut singen oder erzählen;
deshalb muss ich mich schon wundern,
dass sowohl noble als auch einfache Leute 
derart blind geworden sind für die Würde,

[Was genau ist eigentlich mit »bringen unde geben« gemeint? Ich habe mich für eine wörtliche Übersetzung entschieden, bin mir aber nicht sicher, ob es nicht sinnvoller wäre, nach Alternativbegriffen Ausschau zu halten.

Immer etwas schwierig ist die Übersetzung von »rîch« und »arm«. Die »rîchen«, das sind die Vornehmen und Mächtigen. Die »armen« sind hierzu das Gegenstück: diejenigen, die – so im BMZ – »nicht vornehm noch mächtig« sind.]

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