Freitag, 30. Mai 2014

911-920

und viel si wunder guotes an.
doch was ir aller houbetman
her Jûpiter, als ich ez las.
wan er sô künsterîche was,
daz er mit zouberlicher maht
ir aller wîsheit übervaht.
Der selbe got, her Jûpiter,
zuo dirre hôchgezîte her
hete ûz wüesten welden
und von den wilden velden

und über so manch Vermögen verfügten sie, Wunder zu wirken.
Doch war der Hauptmann von ihnen allen,
so habe ich gelesen, Herr Jupiter.
Er nämlich war so kenntnisreich,
dass er all ihre Kunst
mit Zauberkraft besiegte.
Eben dieser Gott, Herr Jupiter,
hatte aus verlassenen Wäldern
und von verwilderten Feldern
her zu diesem Fest

[Der Vers 911 bereitet mir etwas Kopfzerbrechen. »anvallen« könnte »zukommen« heißen – was ich hier allerdings mit »verfügen« übersetze. Mit »guot« dürfte »Besitz, Vermögen« gemeint sein.]

Donnerstag, 29. Mai 2014

901-910

daz kunden si gemachen
mit künstebæren sachen
und mit ir hôhen meisterschaft.
stein unde guoter würze kraft,
dies' in der wilde funden,
die schuofen z'allen stunden
an in sô wunderlîchiu werc,
daz manic walt und manic berc
nâch ir helfe ersuochet wart.
si wâren gar von rîcher art

Das gelang ihnen
mit Hilfe ihres Könnens
und mit Hilfe ihrer großen Kunstfertigkeit.
Diejenigen, die im dichten Gehölz
Steine und gute, kraftvolle Wurzeln fanden,
an denen vollbrachten sie stets
so erstaunliche Taten,
dass so mancher Wald und mancher Berg
nach ihrer Hilfe abgesucht wurde.
Sie waren ganz und gar von mächtiger Abstammung

[Würde man »wild« in Vers 905 mit »Wildnis« übersetzen, dürfte das falsche Assozationen wecken. Ich versuche es mit »dichtem Gehölz«. Bei den darauffolgenden Versen bin ich mir unsicher, wer an wem und womit handelt. Die Übersetzung versucht, die Unsicherheit nicht aufzulösen, sondern abzubilden.]

Dienstag, 27. Mai 2014

891-900

ze walde ûf wilden riuten,
dur daz si vor den liuten
einvaltic unde kiusche
verhælen ir getiusche,
dâ mite si die welt betrügen
und an sich tumbe tôren zügen,
die si für gote erkanden
und in ir opfer sanden
mit vorhten und ir prîsant.
in diente guot, liut unde lant,

im Wald und an wilden, noch nicht lange abgeholzten Orten leben,
damit sie vor den einfältigen
und unverdorbenen Leuten
ihre Täuschungen verbergen konnten,
mit denen sie die Welt betrogen
und dumme Einfaltspinsel um sich versammelten,
die sie als einen Gott anerkannten
und ihnen angsterfüllt ihre Opfer
und Geschenke zukommen ließen.
Ihnen war Besitz, Land und Leute zu Diensten.

Montag, 26. Mai 2014

881-890

für einen got der selben kunst,
und truogen im die liute gunst
dur daz meisterlîche dinc,
daz alsô niuwer fünde ursprînc
von êrst ûz sînem herzen flôz.
man bôt in allen wirde grôz,
die dirre dinge pflâgen.
si wonten unde lâgen
ûf bergen und in klûsen
und wolten gerne hûsen

als ein Gott dieser Kunst anerkannt
und die Leute waren ihm gewogen
wegen der meisterlichen Leistung,
dass eine so neu entdeckte Erfindung
zuerst aus seinem Herzen entsprang.
Man behandelte sie alle mit großer Wertschätzung,
die mit solchen Dingen umgingen.
Sie lebten und lagen
auf Bergen und in Einöden
und wollten gerne

[Ich übersetze den »niuwer fünde ursprînc« mit der »neu entdeckte[n] Erfindung«, weil der »Ursprung« schwer im heutigen Deutsch wiederzugeben ist. Allerdings gibt die »Entdeckung« nicht so ganz das wieder, was im »Ursprung« steckt.

Die »klûsen«, also die Klausen, übersetze ich mit »Einöden«, weil mir das verständlicher zu sein scheint.]

Freitag, 23. Mai 2014

871-880

müeste an beten iemer sît.
ouch lebten gnuoge bî der zît,
die zouberære wâren
und wunder in den jâren
mit gougelwîse worhten.
die wurden ouch mit vorhten
für göte dâ geschrîet an.
und ob ein sinnerîche man
schœn unde niuwe liste vant,
der wart ouch bî der zît erkant

seit dieser Zeit hat anbeten müssen.
Überhaupt lebten damals viele,
die zaubern konnten
und in dieser Zeit mit Zauberlist
Wunder vollbrachten.
Auch die wurden damals aus Furcht
als Götter angebetet.
Und wenn jemand, der klug war,
gute und neue Künste erfand,
dann wurde auch der mit der Zeit

Donnerstag, 22. Mai 2014

861-870

wan daz ir krefteclich gewalt
was michel unde manicvalt
von kriutern und von steinen.
ir nützen und ir reinen
art si wol erkanden
und tâten in den landen
von ir tugende krefte
und mit ir meisterschefte
sô manic wunder wilde,
daz man dâ von ir bilde

Allerdings war ihre einflussreiche Macht
durch Kräuter und Steine
groß und vielfältig.
Ihren Nutzen und ihre ungetrübten
Eigenschaften kannten sie genau
und sie wirkten in den Landen,
weil sie aus sich heraus mächtig waren,
mit ihrer Kunstfertigkeit
so manches wilde Wunder,
so dass man deshalb ihr Abbild

[Bei der Übersetzung von »krefteclich gewalt« bin ich mit meiner Lösung wenig zufrieden. Bei »krefteclich« wäre meines Erachtens ein Begriff sinnvoll, der anzeigt, dass es um eine Gewalt/Macht geht, die effektiv und wirksam ist, die tatsächlich Einfluss hat.]

Mittwoch, 21. Mai 2014

851-860

der was geheizen Pêleus.
dâ von her Jûpiter alsus
zuo dirre hôchgezîte spil
luot gotinn unde göte vil.
Der kam dâ hin ein michel schar.
vil manic lîp nâch wunsche gar
gezieret was dar under.
nû möhte iuch nemen wunder,
waz göte wæren bî der zît?
si wâren liute, als ir nû sît,

der Peleus genannt wurde.
Genau deshalb hatte Herr Jupiter
zu diesem festlichen Vergnügen
viele Götter und Göttinnen eingeladen.
Von denen kam eine große Gruppe dorthin.
Eine ganze Reihe davon hatten ihre Körper
so ausgeschmückt, wie man es sich nur wünschen kann.
Nun wundert ihr euch vielleicht,
was damals Götter waren.
Es waren Leute wie ihr es seid.

Dienstag, 20. Mai 2014

841-850

ir hende wâren undertân.
si muosten vliezen unde gân,
als in von ir geboten wart.
si erkande wol ir aller art
und schein gewaltic drinne.
si was ein mergötinne
und ein erweltiu feine.
diu selbe maget reine
wart ze wîbe dô benant
des künges sun ûz Kriechenlant,

ihren Händen untertan waren.
Sie mussten so strömen und fließen,
wie sie es verfügte.
Sie wusste gut Bescheid über all deren Eigenschaften
und sie zeigte sich darin mächtig.
Sie war eine Meergöttin
und eine auserwählte Fee.
Eben diese untadelige Jungfrau
wurde dort zur Ehefrau
des griechischen Königssohns bestimmt,

[Ich übersetze »vliezen unde gân« mit »strömen und fließen«, weil »fließen und gehen« als Übersetzung wohl nicht funktioniert; Abwandlungen davon (»fließen und ihren Weg gehen«) sind mir zu umständlich. Ob man »art« wirklich mit »Eigenschaften« übersetzen kann, wäre zu diskutieren. Ich hatte darüber nachgedacht, mit »Wesen« zu übersetzen, was inhaltlich wohl korrekter wäre, was heute im Deutschen aber eigentlich auch nicht mehr geht.]

Montag, 19. Mai 2014

831-840

an sich vil maniges herzen muot.
si was bescheiden unde guot,
liutsælic, edel unde clâr.
ir lîp, ir güete und ir gebâr
rîlichen wâren vollebrâht.
der Wunsch der hete si bedâht
mit flîze gar, des sît gewis.
si was geheizen Thêtis,
und lac an ir sô grôz gewalt,
daz alliu wazzer manicvalt

zog sie auf sich, damals, und sammelte sie ein.
Sie war verständig und klug,
gerne bei Menschen, dem Adel gemäß und von glänzender Schönheit.
Ihre Gestalt, ihr gutes Wesen und ihr Auftreten
waren auf kostbare Art und Weise gefügt.
Vom Ideal, so wie man es sich vorstellt, wurde sie,
das könnt ihr glauben, mit aller Sorgfalt bedacht.
Genannt wurde sie Thetis
und die Macht, über die sie verfügte,
war so gewaltig, dass alle Formen von Wasser

[Das »guot« im Vers 832 einfach mit »gut« zu übersetzen, scheint mir wenig sinnvoll zu sein (da »gut« heute zu breit ist), deshalb versuches ich es in der Übersetzung mit »verständig und klug«, was eigentlich zwei Mal ein Übersetzungsversuch zu »bescheiden« ist.]

Freitag, 16. Mai 2014

821-830

daz er die clâren swester sîn,
diu lûter was und alsô vin,
wolt einem man ze wîbe geben.
des liez er dô mit wunne leben
vil manigen werden hôhen lîp.
wan ez enwart nie schœner wîp
gesehen stille und über lût,
denn ouch diu keiserlîchiu brût
an lîbe und an gebærde was.
si zôch des mâles unde las

dass er seine schöne Schwester,
die makellos war und sehr kultiviert,
einem Mann zur Frau geben wollte.
Deshalb sorgte er dafür, dass so manche
hochadlige Person, dort mit Lust und Freude verweilen konnte.
Denn immerhin hatte man nie eine schönere
Frau gesehen (ob in aller Stille oder als öffentliches Gesprächsthema),
der die keiserliche Braut nicht
in Aussehen und Auftreten entsprach.
Gar manche Herzensneigungen

[Eigentlich hätte ich gerne einen »leuchtenderen« Begriff für »clâr« als einfach nur »schön«. Der Vers 830 gibt mir Rätsel auf. Hat das »mâl« etwas mit der »Vermählung« zu tun? Etwas mit »Versammlung«? Oder ist einfach »damals, einmal« gemeint? Letzteres scheint mir am plausibelsten zu sein, aber vielleicht klingen im Mittelhochdeutschen auch mehrere Bedeutungsebenen an (beziehungsweise mit).]

Donnerstag, 15. Mai 2014

811-820

von küniclicher rîcheit
gesehen wart und ûf geleit.
Her Jûpiter, der hübsche got,
der under sîn vil starc gebot
getwungen hete manic lant
und der ze sînem dienste bant
man unde wîp mit hôher kraft,
der luot ûf eine wirtschaft
vil gotinn unde göte wert.
wan er hete des gegert,

durch königliche Macht und königliches Vermögen
organisiert und gesehen wurden.
Herr Jupiter, der schöne Gott,
der viele Länder unter seine
überaus starke Herrschaft gezwungen hatte
und der mit großer Kraft Männer
und Frauen sich zu Diensten verpflichtete,
der lud viele edle Göttinnen und Götter
ein zu einem Gastmal.
Denn er hatte die Absicht,

[Ich bin mal mutig und übersetze »ûf geleit« mit »organisiert«.]

Mittwoch, 14. Mai 2014

801-810

dô wart diu wilde feine
der vorhte blôz und eine,
daz er iht von ir schiede sich.
nû der juncherre wunneclich
sus tougenlicher minne pflac
und ofte bûte disen hac
beswærde und aller sorgen vrî,
dô wart ein hôchgezît dâ bî
geboten in dem lande,
dâ wunne maniger hande

wurde die wilde Fee
die Furcht los und frei davon,
zu glauben, dass er sich einmal von ihr trennen würde.
Als sich nun der schöne junge Herr
mit solch heimlicher Liebe beschäftigte
und oft in diesem Gebüsch
frei von Kummer und Sorgen lebte,
wurde dort im Land, ganz in der Nähe,
ein Fest verkündet,
wo vielerlei Lust und Freude

[»[er] bûte« im Vers 806 gehört wohl zu »bûwen« bauen (und nicht zu »bieten«, wie ich zuerst dachte).]

Dienstag, 13. Mai 2014

791-800

von ir minne scheident
und beide ein ander leident,
sô muoz diz wazzer wunneclich
ze berge fliezen hinder sich
und widersinnes riuschen.‹
sus wolt er âne tiuschen
machen si dô sicherhaft,
daz si mit ganzer liebe craft
versigelt im ze herzen was.
und dô si disiu wort gelas,

von ihrer Liebe ablassen
und sich gegenseitig nicht mehr mögen,
dann muss dieser wohltuende Bach
rückwärts den Berg hinauf fließen
und verkehrtherum rauschen.‹
Auf diese Weise beabsichtigte er, ohne sie
täuschen zu wollen, ihr zu versichern,
dass sie mit der ganzen Kraft der Liebe
in seinem Herzen fest versiegelt war.
Und als sie die Worte gelesen hatte,  

[Sollte man »wazzer« mit »Fluss« übersetzen? Oder passt der »Bach« besser zu diesem »lieblichen Ort«?]

Montag, 12. Mai 2014

781-790

die liep von herzeleiden
mit trôste wellen scheiden
und ûz ir sorge enbinden.
tief an des boumes rinden
begund er schœne buochstaben
mit sînem mezzerlîne graben.
die sprâchen sus ze tiute:
›man sol daz wizzen hiute
und êweclichen iemer mê,
sô Pârîs und Egenoê

die von der Freude das Herzensleid
tröstend hinwegnehmen wollen
und auch die Fesseln der Sorge zu lösen suchen.
Er begann, tief in die Rinde des Baumes
schöne Buchstaben
mit seinem kleinen Messer zu ritzen.
Die sagten und bedeuteten folgendes:
›Heute und auf ewig
soll man wissen, dass,
wenn Paris und Egenoe


[Ich erweitere das »Entbinden« der Freude von Sorgen um das Bild von den Fesseln, weil der Satz in der Übersetzung sonst syntaktisch nicht klar genug wäre; sicherlich ließe sich eine bessere Variante finden, die auf die »Fesseln« verzichtet. Aus dem »Messerchen« mache ich ein »kleines Messer« und aus dem »Graben« ein »Ritzen«, weil ich befürchte, dass die Vorstellung des Grabens heute fest mit einer Tätigkeit am Erdboden verknüpft ist.]

Freitag, 9. Mai 2014

771-780

und mîner minne dich entwene,
sô daz dîn herze nâch ir sene
und mîn vergezzen müeze.‹
›nein, frouwe,‹ sprach der süeze,
›die sorge maht dû lâzen.
dû solt dich leides mâzen
und âne vorhte wesen vrô!‹
sus gienc er z‘einem boume dô,
der nâhe bî dem wazzer stuont,
ir tuonde, als die getriuwen tuont,

die dich meiner Liebe entwöhnen würde,
so dass sich dein Herz nach ihr sehnt
und mich vergisst.‹
›Nein, Verehrteste‹, sagte der Liebenswerte,
›auf die Sorge kannst du verzichten.
Du solltest im Leiden Maß halten
und ohne Angst froh sein!‹
Daraufhin ging er dort zu einem Baum,
der nahe am Wasser stand
und tat für sie, was die treu Liebenden tun,


[Im Neuhochdeutschen auszudrücken, was im Mittelhochdeutschen mit »vrouwe« gemeint ist, scheint mir kaum möglich zu sein – zumindest nicht in ein oder zwei Worten. Die Übersetzungen mit »Herrin« und »Dame« mögen oft passen; hier aber scheinen mir beide Übersetzungsmöglichkeiten schwierig zu sein. Deshalb habe ich mich für »Verehrteste« entschieden. Die Anrede ist etwas antiquiert, aber verständlich; zudem vermittelt sie Hochachtung und Konventionalität.

Die »Getreuen« (»getriuwen«) im Vers 780 übersetze ich mit den »treu Liebenden«, was inhaltlich wohl richtig ist, aber halt nicht im Text steht.]

Donnerstag, 8. Mai 2014

761-770

betrüebet alle stunde!
mîn herze ist gar ze grunde
beswæret, süezer jungelinc,
dur daz vil angestbære dinc,
daz ich des grôze vorhte hân,
daz mir schade an dir getân
von vremder minne werde.
ich sorge des ûf erde,
daz von mir dînen werden lîp
scheide lîhte ein ander wîp

allzeit betrübt!
Mein Herz ist mir schwer, süßer Jüngling,
von oben bis ganz unten,
wegen einer Sache, die mir große Angst macht,
weil ich nämlich große Furcht davor habe,
dass ich an dir zu Schaden kommen werde
durch fremde Liebe.
Ich bin darüber besorgt, dass ich hier auf Erden von dir,
der du mir wichtig bist, einmal durch eine andere
Frau getrennt werde,

Mittwoch, 7. Mai 2014

751-760

und er sô tugentrîche was,
dô nam dick an sich unde las
vil sorgen ir getriuwer lîp.
si vorhte, daz ein ander wîp
in schiede von ir minne.
diz lac ir allez inne
und was ir meistez ungemach,
dâ von si z‘einer stunde sprach
erbermeclichen wider in:
›ach herzefriunt, wie sêre ich bin

und da er so tugendhaft war,
waren es große Sorgen, die sie,
die treu war, oft einsammelte und mit sich herumtrug.
Sie befürchtete, dass eine andere Frau
ihn von ihrer Liebe trennen könnte.
Das alles spielte sich in ihrem Inneren ab
und war ihre größte Sorge.
Deshalb sprach sie eines Tage
mittleiderregend zu ihm:
›Ach, mein Herzensfreund, wie sehr bin ich

Dienstag, 6. Mai 2014

741-750

und wart ir leit verborgen,
wan daz diu schœne sorgen
begunde sêre z’aller stunt,
daz im ander minne kunt
würd eteswene von geschiht.
ob si der vorhte hæte niht
gehabet in ir herzen,
sô wære sunder smerzen
gewesen al ir wunne ganz.
wan dô sîn varwe schein sô glanz

und ihr Leid blieb im Verborgenen;
allerdings war die Schöne
jederzeit darüber in Sorge,
dass er irgendwann aus Zufall
andere Liebe kennenlernen würde.
Wenn sie diese Furcht nicht
im Herzen gehabt hätte,
dann wäre all ihre Glückseligkeit
ohne Schmerzen gewesen.
Denn da seine Haut so glänzend strahlte

Montag, 5. Mai 2014

731-740

und diu schœne Egenoê,
die truogen tougen âne wê
mit herzen und mit sinne
z’ein ander stæte minne.
Sie kunden wol ir fröude heln.
sô Pârîs mohte sich versteln
ze sînes herzen künigîn
von der geselleschefte sîn,
sô wart im inneclichen wol.
ir beider muot was vröuden vol

und die schöne Egenoe,
die waren heimlich und ohne leiden zu müssen
mit Herz und Verstand
einander in beständiger Liebe zugetan.
Sie wussten genau, wie ihre Freude zu verbergen sei.
Wenn sich Paris aus dem Kreis
seiner Kameraden zur Königin
seines Herzens schleichen konnte,
dann ging es ihm im Innersten gut.
Sie beide waren freudig gestimmt

Freitag, 2. Mai 2014

721-730

und allez sîn gemüete.
si twanc gemeine güete
ûf der gelîchen minne solt:
si wurden beide ein ander holt
vil schiere ân allen valschen mein,
wan si begunden under ein
ir muot verstricken und ir lîp.
er wart ir man, si wart sîn wîp;
si wart im trût, er wart ir liep.
Pârîs, der hübsche minnediep,

und all sein Denken.
Sie zwang das, was überall und bei allen vortrefflich war,
zu den Verpflichtungen übereinstimmender Liebe.
Sie beide fanden sehr schnell
und öhne böse Absichten aneinander Gefallen,
denn sie begannen damit, unter einander
ihr Denken und Wollen und ihren Körper zu verflechten.
Er wurde ihr Mann, sie wurde seine Frau;
sie war ihm gut, er war ihr lieb.
Paris, der hübsche Liebesräuber,

[Bei den Versen 722 und 723 bin ich mir schon auf Ebene des Mittelhochdeutschen nicht sicher, ob ich das richtig verstehe. Zudem ist die syntaktische Konstruktion nicht leicht ins Neuhochdeutsche zu übertragen.]